Apostelgeschichte 20, 17-18a, 28-38

Liebe Schwestern und Brüder im HERRN,
vor allem Sie, liebe scheidende und neugewählte Älteste und Diakone,
liebe Gäste im Tempel unseres Glaubens,

mit diesem Gottesdienst feiern wir die Verabschiedung und Einführung Konsistorialer unserer Kirche. Dass dieser Tag kommen würde, ist von Anfang an klar: für die einen der Abschluss einer erfolgreichen Amtszeit voller Dankbarkeit, für andere der Beginn einer neuen Aufgabe.

Abschiede sind nie leicht. Vor allem dann nicht, wenn wir spüren, dass wir uns von etwas Liebgewonnenem verabschieden müssen. Manchmal schmerzt es. Und weil wir das wissen, tut es weh. Deshalb ist es so unendlich wichtig, Abschiede wie diese so zu gestalten, dass wir mit einem guten Gefühl nach Hause gehen und sagen können: so wie es war und ist, so ist es gut. Das wollen wir heute tun.

Warum es Tage wie diese im kirchlichen Leben gibt, wissen wir: unsere Kirchenordnung sieht vor, dass das Kleine Konsistorium alle 2 Jahr je um die Hälfte seiner Mitglieder ergänzt bzw. bestätigt wird. So ist für die Ausscheidenden dieser Tag keine Überraschung, denn ihre Amtszeit ist erfüllt.

Seit fast 5 Jahren bin ich nun Pfarrer dieser Kirche und in dieser Zeit sind wir gemeinsam auf dem Weg gewesen. Deshalb tut es auch gut, an Tagen wie diesen zurückzuschauen und darüber nachzudenken, was wir doch alles erreicht haben in diesen eigentlich wenigen Jahren. Vor allem haben wir gemeinsam am gemeindlichen Leben dieser Kirche gearbeitet und versucht, nicht nur dieses Gebäude mit Leben und Freude zu füllen.

Wir haben uns darüber Gedanken gemacht, welche Entscheidungen zu treffen sind, um unsere Kirche zukunftsfähig zu machen. Und zum Glück sind vielen Gedanken Taten gefolgt, worüber manche am Anfang vielleicht den Kopf geschüttelt haben bzw. Angst vor mancher Entscheidung hatten. Und Sie als Konsistoriale mussten auch lernen, was es bedeutet, einen neuen, jungen Pfarrer zu haben, der manche seiner Flausen im Kopf doch tatsächlich umsetzen wollte.

Und weil diese Jahre erfolgreich waren, sollte dieser Abschied dennoch nicht zu sehr weh tun, denn er gehörte seit Anbeginn dazu und auch die heute Neu-Einzuführenden wissen, dass ihre Amtszeit endlich ist.

Für einen gelungenen Abschied halte ich jenen, von dem wir heute im Predigttext hören. Ich lese: Apostelgeschichte 20, 17-18a, 28-38

Meine Lieben, der Abschied des Paulus beginnt mit der Einsicht, wie wichtig Abschiede sind, auch wenn sie Mühe kosten. Der Text erzählt davon, dass der Apostel von Milet aus nach Ephesus eine Einladung an die dortigen Ältesten aussprach. Er war auf dem Weg nach Jerusalem und hatte keine Zeit mehr für einen Umweg. In Ephesus war er jahrelang aktiv gewesen und da wollte er nicht ohne ein Abschiedswort gehen.

Konsistorium_2012_012Es sollte das letzte Mal sein, dass der Apostel in dieser Gegend sein würde. Und das wussten die anderen, weshalb sie auch nicht den beschwerlichen Weg scheuten und sich auf den Weg machten. Und als sie so beieinander saßen, da erinnerten sie sich an ihre gemeinsame Zeit. Paulus erinnerte daran, dass er bei ihnen gelebt hat, das Evangelium verkündete und Anfeindungen von den Juden erleiden musste.

Solche Erfahrungen können wir nur bedingt nachvollziehen. Aber doch sind sie uns nicht fremd: wir haben Freude und auch Leid bei Ihnen selbst und in Ihren Familien miteinander erlebt und geteilt.

Wir haben versucht, neue Wege zu finden, die christliche Botschaft ansprechend für Kirchendistanzierte zu machen. Und wir haben erlebt, gerade nach der Trennung von der reformierten Landeskirche Leer, was es bedeutet, angefeindet und ausgegrenzt zu werden – ohne unser Verschulden – leider bis auf den heutigen Tag. Aber wir sind und bleiben guten Mutes, dass sich das ändern wird.

Konsistorium_2012_040Wir sind und bleiben auf einem Weg, der vor über 400 Jahren 1597 an dieser heiligen Stätte begann, in der wir uns auch in dieser Stunde wieder versammelt haben. Und weil unsere Herkunft unsere Zukunft ist, brauchen wir, brauchen die heute neu in das Konsistorium Berufenen keine Angst zu haben.

Abschied nehmen bedeutet auch Loslassen. Paulus war seit seinem Abschied nicht mehr verantwortlich für die Gemeinde in Ephesus. Neue Leitungspersonen werden ihren Dienst aufgenommen haben. Die Dramatik am Abschied des Paulus: er weiß, dass am Ende seiner Reise das Martyrium stehen wird und es kein Wiedersehen geben kann.

Die Gnade dieser Stunde ist, dass wir zwar formal auseinander gehen, aber doch wissen, wo wir Sie noch erreichen können, wenn wir Sie brauchen. Und auch Sie können uns erreichen – wir sind nicht aus der Welt. Auch wenn Ihre Aufgaben mit dem heutigen Tag bzw. in der kommenden Konsistoriumssitzung in andere Hände übergeben werden, so werden Ihre Spuren sichtbar bleiben. Sie geben Macht ab, aber werden dadurch auch frei von mancher Verpflichtung.

Vielleicht wird ein solcher Abschied nicht einfach werden – wir alle haben so unsere Erfahrungen damit gemacht – in unserer Kirche und an anderer Stelle – was es heißen kann, wenn Menschen nicht loslassen können.

Dass dies aber geboten ist, sowohl bei Paulus als auch bei uns hier in dieser Stunde: dies ist so, weil Gott immer wieder neue Menschen in das Amt des Ältesten bzw. Diakons berufen will. Weil Gott es immer wieder neuen, jungen Menschen zutraut, Verantwortung zu übernehmen und SEINE Kirche zu leiten und lenken.

Deshalb sagt Paulus diesen neuen Leitern: „So gebt nun Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, damit ihr die Gemeinde Gottes weidet ... Denn ich weiß, dass nach meinem Abschied reißende Wölfe zu euch kommen, die die Herde nicht verschonen werden.“ (V28f.)

So steht über jedem Neuanfang auch die Warnung, das Übernommene zu schützen und im guten Sinne mit treuen Händen zu bewahren.

Welche Wölfe werden uns heimsuchen? Ich denke weniger an solche, die Verkehrtes lehren werden, wie die Apostelgeschichte sagt. Aber ich möchte davor warnen, dass sich unsere Kirche, dass sich die Konsistorialen über Detailfragen in die Wolle bekommen und es am Ende nur um persönliche Befindlichkeiten, anstatt um den Blick für das Ganze geht.

Nichts gegen lebendige, erfolgreiche Diskussionen, aber diese sollten nicht um ihrer selbst willen geführt werden, denn dies schafft meistens Unfrieden. Wer ein Amt hat, muss Entscheidungen treffen.
Meine Lieben! Paulus beschließt seinen Abschied mit der Empfehlung der Gemeinde an Gott, der dafür Sorge trägt, dass das Werk von einer Generation zur nächsten bewahrt wird.

Und schließlich kniet er nieder und betet. Ich kann mir gut vorstellen, dass dies ein intensives Gebet gewesen sein wird. Und es endet in einem tränenreichen Abschied. Das – so wollen wir hoffen – soll heute nicht so sein. Denn im Unterschied zu den Ephesern werden wir uns schon morgen, so wir wollen, wiedersehen können.

Danach verabschiedeten sie Paulus am Schiff. Sie hielten ihn nicht auf, sondern ließen ihn gehen. Als er am Horizont verschwand, da endete dieser Abschnitt in ihrem gemeinsamen Leben.

Konsistorium_2012_080Aber das Tröstliche in jener Stunde war – und dies gilt doch auch für uns: Sie alle waren vorbereitet, wir alle sind vorbereitet auf diesen Moment. Wer für das Konsistorium kandidiert, der ist bereit, Verantwortung anzunehmen. Wahrscheinlich haben die Epheser oftmals an Paulus denken müssen und waren traurig über diesen Abschied, aber das Leben ging weiter.

Auch Konsistoriale kommen und gehen, wie auch dies bei Pfarrern der Fall ist. Aber die Ämter bleiben dieselben. Deshalb wiederhole ich einen Teil meiner Predigt von vor  2 Jahren, weil ich es dieses Jahr auch nicht besser ausdrücken könnte:

Das Konsistorium soll die Kirche Jesu Christi weiden. Das Konsistorium ist dafür verantwortlich, dass das Evangelium von Jesus Christus in der Kirche nicht verstummt. Die Ältesten und Diakone sollen zur Stelle sein, auch wenn kein Apostel oder Prophet da ist, also wenn die Pfarrstelle nicht besetzt ist oder besetzt werden kann! Mancher von unseren ausscheidenden Konsistorialen war in dieser Verantwortung, als vor meiner Berufung hierher unsere Kirche eine aufwühlende Zeit durchlebte – herzlichen Dank für Ihr damaliges Durchhaltevermögen!

Das Konsistorium soll sich darum kümmern, dass Kinder und Jugendliche zum Glauben geführt und mit der Geschichte unserer Kirche vertraut werden. Ja, es ist eine große Notlage, wenn eine Gemeinde kein arbeitsfähiges Konsistorium hat – aus welchen Gründen auch immer! Aber es ist auch ein großer Segen, wenn treue Älteste und Diakone zur Stelle sind.

Meine Lieben, es sind keine einfachen Ämter: das Amt des Ältesten und Diakons. Es sind Ämter, die Treue fordern, die Bereitschaft, der Herde Jesu Christi zu dienen. Aber es sind Ämter, auf denen auch der Segen liegt.

An dieser Stelle gilt mein Dank vor allem Ihnen, den ausscheidenden Diakonen und Ältesten. Was haben wir doch alles geschafft, worauf wir zu Recht stolz sein dürfen.

Besonders möchte ich mich bei Ihnen, der Präses-Ältesten Wegner bedanken, die sich als zweite Frau in der langen Geschichte unserer Kirche in den Dienst nehmen ließ. Ich denke, wir beide dürfen zu Recht sagen, dass wir ein gutes Team waren und manche Kuh vom Eis geholt haben – um es mal flapsig zu sagen. Sie hatten immer ein offenes Ohr, und ich denke, dass auch als Alt-Präses-Älteste Ihre Türe offen stehen wird.
Liebe Geschwister im HERRN, liebes Konsistorium, lasst uns den Anspruch einer selbstständigen reformierten Kirche bewahren. Lasst uns Menschen unbedingter Hoffnung sein, damit wir stark werden für die Aufgaben und Herausforderungen hier und jetzt, nicht weltfremd, sondern mitten im Leben.

01c-12.03.25-Einf.Konsist.DSCF3568Denn dazu sind wir miteinander berufen, die Fülle des Lebens und das Vertrauen der Liebe zu leben und einander zu stützen, zu leiten und zu bewahren, wie es uns der Gute Hirte, welcher ist Christus, an seiner statt aufgetragen hat. AMEN!

Daran glaube ich, davon predige ich und bezeuge es im Namen Jesu Christi.

Torben W. Telder, vdm
Es gilt das gesprochene Wort.