Theologische Informationen
- Theologische Informationen
Im kirchlichen Leben ist jede Ordination (lat. „Beauftragung“ bzw. „Bestellung“) ein einschneidendes Ereignis. Sie stellt für alle Beteiligten ein wichtiges, identitätsstiftendes Ereignis dar. Dies gilt sowohl für den zu Ordinierenden, als auch für die Gemeinde, aus deren Mitte ein Einzelner beauftragt wird. In der Ordinationsfeier werden das Kirchen- und Amtsverständnis der jeweiligen Kirche anschaulich sichtbar. Deshalb soll an dieser Stelle aus Anlass der Ordination von Frau Pfarrerin zur Anstellung Anja Berezynksi die Ordination näher betrachtet werden.
Seit Beginn des Christentums werden Männer und auch Frauen berufen, besondere Dienste in der Kirche wahrzunehmen. Durch die Jahrhunderte hindurch hat sich dies immer wieder verändert in der Form der Feier, aber auch im Umfang der Aufgaben.
Nach reformatorischem Verständnis sieht das Neue Testament im Volk der Glaubenden und Getauften die Kirche von Jesus Christus, den Leib Christi. Die Taufe ist Aufnahme in das weltweite Bundesvolk aller Zeiten und verpflichtet zum gemeinschaftlichen Mitwirken am Auftrag der Kirche, die durch die Ordination Menschen mit geistlichen Aufgaben betraut.
Der Auftrag der Kirche kann traditionell mit vier Grundfunktionen beschrieben werden, nämlich 1. zur Verkündigung und zum Zeugnis (martyria), 2. zum Lob Gottes (leitourgia), 3. zum Aufbau und zur Pflege der Gemeinschaft (koinonia), sowie 4. zum Dienst und zur Solidarität (diakonia).
Alle Glaubenden und Getauften sind aufgefordert, mit den Gaben, die der Heilige Geist ihnen gibt, an diesen Aufgaben der Kirche zu partizipieren. So heißt es im Zweiten Helvetischen Bekenntnis (1566): „Um sich seine Kirche zu sammeln und zu gründen, sie zu leiten und zu erhalten, hat Gott immer Diener verwendet, bedient sich solcher auch heute noch und solange es eine Kirche auf Erden gibt. Deshalb ist Ursprung, Einsetzung und Amt der Diener von höchstem Alter und rührt von Gott selbst her, ist also nicht eine neue oder bloss menschliche Ordnung.“
Damit also die Kirche auch heute ihre Sendung wirksam und geordnet erfüllen kann, beruft sie Getaufte, mit ihren Gaben der Gesamtheit zu dienen. Sie repräsentieren die Kirche in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich. Sie gehen voran und koordinieren, leiten und leiten an.
Alle reformierten Kirchen teilen diese Überzeugung. Aus der Verkündigung der Apostel und der Kraft des Heiligen Geistes ist die Kirche geboren, die Ausrichtung des Wortes Gottes ist ihre eigentliche Sendung und am Wort Gottes hat sie selber sich fortwährend zu messen und neu auszurichten.
Die Notwendigkeit des ordinierten Dienstes ergibt sich aus dem Wesen der Gemeinschaft selbst, wie sie durch Jesus Christus ins Leben gerufen worden ist. Weil die Kirche aus dem Evangelium lebt, weil sie berufen ist, in der Liebe zu leben, weil sie den Auftrag hat, das Evangelium weiterzugeben, weil sie Partei nehmen soll für die Leidenden, müssen Personen da sein, die für diese fundamentalen Erfordernisse die primäre Verantwortung tragen.
Auch im Neuen Testament finden wir solche Personen. Bereits Berufung und Aussendung der Apostel machen klar, wie die Kirche auf Personen angewiesen ist. Aber das Neue Testament gibt keine eindeutige Auskunft darüber, wie diese Dienste einander und der Gemeinde zuzuordnen sind. Es sagt nichts aus über ihre Einsetzung.
Im Gegenteil: Das Neue Testament macht widersprüchliche Aussagen über den Aufbau der ersten Gemeinden und über die Stellung, welche leitende Personen einnahmen. Diese erklären auch das unterschiedliche Amtsverständnis in den verschiedenen Konfessionen.
Wenn die Schrift also kein einheitliches Modell der ordinierten Dienste bietet, muss jede Generation die Bedürfnisse der Kirche neu definieren und die Ordnung der Kirche neu gestalten.
Die Anzahl der besonderen kirchlichen Dienste war und ist nicht ein für alle Mal festgelegt. Je nach Umständen und Bedürfnissen bestimmen die Kirchen die Dienste, die sie benötigen. Geschichtlich ist das dreigliedrige Amt von Bischof (Leitung, Aufsicht, Einheit), Priester und Diakon bekannt. Johannes Calvin hat eine viergliedrige Struktur vorgeschlagen mit den Pastoren, den Lehrern (docteurs), den Ältesten und Diakonen. Die Ältesten waren dabei mit der Leitung und Aufsicht betraut. Diese Struktur hat sich bis heute in der Wallonisch-Niederländischen Kirche erhalten, nicht zuletzt durch die Gründungsurkunde der Capitulation von 1597, die auch das Recht zur Ordination beinhaltet.
So stellt sich auch die Wallonisch-Niederländische Kirche in die Tradition, die seit der Zeit der Apostel besteht. Alle Ordinierten stehen „in apostolischer Sukzession“, die nach reformiertem Verständnis im Fortführen der apostolischen Verkündigung und im verbindlichen Dialog mit der Lehre der Bibel besteht. Zudem ordinieren die reformierten Kirchen nicht nur für die eigene Kirche, sondern zum Dienst in der Kirche Jesu Christi, in Verbundenheit mit der universellen Kirche und in Gemeinschaft mit allen, die das Gebet des HERRN sprechen.
Die kommende Ordinationsfeier wird die dritte in der wieder auferbauten Kirche sein und bereits die zweite für eine Pfarrerin. Pfarrerin em. Ute Vanassa wurde 1976 ordiniert. Auf den Tag genau vor 6 Jahren wurde Pfarrer Torben W. Telder ordiniert, der der Ordination von Pfarrerin Berezynski als Ordinator vorstehen wird.
(Text unter Zuhilfenahme der Ordinationshilfe des reformierten Schweizerischen Kirchenbundes)
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Vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg. Zu verschiedenen Gelegenheiten wird in der Öffentlichkeit daran erinnert. Wie sahen diese Jahre in den damals noch getrennten Gemeinden der Wallonen und Niederländer aus? Auszüge aus den Chroniken unserer Kirche geben einen kurzen Überblick – zunächst als Ganzes, im zweiten Teil dann anhand von Protokollauszügen. Die Texte geben den jeweiligen Zeiteindruck wieder, heute würde man sicher vieles anders formulieren.
Die Kriegsjahre 1914/1918
Nach langen Jahren des Friedens, die unseren Gemeinden eine glückliche Weiterentwicklung ohne nennenswerte Sorgen und Störungen brachten, kam in den Augusttagen 1914 der Ausbruch des Weltkrieges. Die wehrfähigen Mitglieder eilten zu den Fahnen, um ihr Leben dem Vaterland zur Verfügung zu stellen. Schon die ersten Wochen brachten unseren Gemeinden schmerzliche Verluste an lieben Gemeindemitgliedern, denen im Lauf des langen Krieges eine große Anzahl folgte.
ln diesen Zeiten fanden viele den Weg zur Kirche, und die Gottesdienste waren stark besucht. Mit Geldmitteln unterstützte die Diakonie das Rote Kreuz und sonstige wohltätige Einrichtungen. Auch musste bald die Not in Familien, denen der Ernährer genommen worden war, bekämpft werden. Unsere beiden Pfarrer Nessler und Wessel, die wegen ihres vorgerückten Alters nicht im Kriegsdienst verwandt wurden, hatten viel Arbeit in der Gemeinde sowohl wie auch in den Lazaretten. Die Glocken auf unserem Turm läuteten oft zum Gedenken der Siege unserer Heere.
Die anfängliche Meinung, dass in wenigen Wochen der Krieg ein siegreiches Ende finden würde, war leider nicht in Erfüllung gegangen. Immer mehr Gegner, zuletzt die ganze Welt, bekämpften unser Volk, und die Unmöglichkeit, Metalle und sonstige Rohstoffe aus dem Ausland zu bekommen, machte einschneidende Einschränkungen und Beschlagnahmungen notwendig. So mussten wir schweren Herzens die erst 1913 gestifteten Glocken dem Vaterland abliefern. Selbst die Orgelpfeifen und sonstige Metallbeschläge, Vorhänge usw. wurden beschlagnahmt.
Die Kohlen waren knapp und mußten zur Kriegsführung in erster Linie zur Verfügung gestellt werden, so dass Einschränkungen im Gasverbrauch für die Heizungen kamen und die Kirche nicht mehr geheizt werden durfte. Die Gottesdienste fanden deshalb eine Zeitlang in der wallonischen Kapelle statt.
Schwerer aber als all diese gern getragenen Opfer war der Heldentod vieler blühender Söhne unserer Gemeinden. Als man an dem unglücklichen Ende des Krieges mit seinem grausamen Friedensdiktat die Verluste von Mitgliedern unserer Gemeinden feststellte, um ihnen in der Wallonischen und in der Niederländischen Kirche je eine Gedenktafel zu setzen, waren es 24 Männer von der Wallonischen Gemeinde und 26 Männer von der Niederländischen Gemeinde.
(Für sie seien an dieser Stelle nur jene genannt, deren Nachfahren bis heute in unserer Kirche aktiv sind: Heinrich Halin, Georg Pfälzer, Philipp Wörner, Otto Lückhardt, Julius Heraeus, Georg Wörner,Dr. phil. Karl Noll, Theodor Lieber, Rudolf Lückhardt. )
Auszüge aus den Protokollbüchern des Großen und Kleinen Konsistoriums
12. August 1914:
Die Klingelbeutelsammlung der FranzösischenKirche soll bis auf weiteres dem „Roten Kreuz“ zur Verfügung gestellt werden. Dieser Beschluß ist der Niederländischen Kirche mitgeteilt.
ln dieser Sitzung wurde die Diakonie ermächtigt, zur Linderung der durch den Krieg verursachten Not bis zu M 3.000.- zu verausgaben.
Am 7. Oktober 1914:
WegenAnstellung eines gemeinsamen Organisten an Stelle des verstorbenen Herrn Hamburger soll mit dem Niederländischen Konsistorium Rückspräche genommen werden.
Die Kollekte wird für die städt. Familienfürsorge und für Elsaß-Lothringen Verwendung finden.
Am 4. November 1914:
Die Kirchbauverwaltung stellt den Antrag, zur Herstellung des Plattenbodens einen Beitrag zu leisten. Unter Hinweis auf bereits gestiftete M 4.200.- für den Orgelfonds lehnt das Kleine Konsistorium ab. Das Große Konsistorium stimmt am 9. Dezember 1914 dem Antrag jedoch zu.
Am 6. Januar 1915:
Am 27. Januar 1915 soll aus Anlaß des Geburtstages Seiner Majestät ein besonderer Gottesdienst abgehalten werden.
Die Französische Kirche ist für diesen Sommer noch nicht beziehbar, da die Arbeiten (Fußboden und Gestühl) infolge des Krieges unterbrochen werden mußten. Die Wahl für das Konsistorium sowie die Konfirmation finden in der Niederländischen Kirche statt.
Am 8. September 1915:
Bezüglich des Jubiläums von Herrn Pfarrer Wessel wird das von der Niederländischen Gemeinde aufgestellte Programm vorgetragen. Es wird beschlossen, der von der Niederländischen Gemeinde bestimmten Ehrengabe in einer besonderen, von Herrn Prof. Schimcke entworfenen Mappe eine Ehrengabe von M 1.000,- beizufügen.
Am 27. Oktober 1915:
Herr Pfarrer Nessler berichtet über die Neuherrichtung des Sitzungssaales, die unter Leitung des Herrn Prof. Schimcke erfolgt ist. Ferner berichtet er über die Kunstgegenstände und die Grabsteine sowie Museum in der Wallonischen Kirche nach der Neuherstellung des Fußodens und des Gestühles.
Am 5. Januar 1916:
Das Kleine Konsistorium ist einstimmig der Ansicht, daß der Gottesdienst für Kaiser-Geburtstag an dem Tag, nämlich am Donnerstag, dem 27. Januar, gehalten werden muß.
Am 5. September 1917:
Es wird die Anschaffung von 30 Zentnern Holz für den Winter bewilligt wegen des voraussichtlichen starken Kohlenmangels. Aus Anlaß des Kohlenmangels ist die Vorschrift ergangen, die Heizung der Kirche nach Möglichkeit einzuschränken. Eine Zusammenlegung aller [Hanauer] Gottesdienste wurde angeregt, doch soll von unseren Gemeinden hieran nicht teilgenommen werden, da der Gottesdienst doch immerhin von den Altstädter Gemeinden ein unterschiedlicher ist und den Anschauungen unserer Gemeindemitglieder nicht entspricht. Da nun bei einem Gasverbrauch von der Hälfte gegen normal die beiden Gemeinden den Gottesdienst in unseren Kirchen weiter halten können, liegt der Vorschlag vor, zwecks Ersparung dieser Gasmenge den Gottesdienst an den Sonntagen in der Kapelle abzuhalten und an besonderen Feiertagen in der Niederländischen Kirche. Diesem Beschluß wird Zustimmung erteilt.
In Gemeinschaft mit den Altstädter Gemeinden soll am Sonntag, den 4. November 1917 aus Anlaß der Lutherfeier ein besonderer Gottesdienst abgehalten werden.
Am 3. Oktober 1917:
Außer dem Festgottesdienst am 4. November aus Anlaß der Lutherfeier soll auch ein zweiter besonderer Gottesdienst am 28. Oktober abgehalten werden. Von einem Gottesdienst am Mittwoch, den 31. Oktober soll Abstand genommen werden.
Am 1. Mai 1918:
Anregung wegen Zusammenlegung der beiden Gemeinden. [abgelehnt!].
Die Niederländische Gemeinde bittet in Anbetracht des (schwachen) Organes von Pfarrer Wessel, die Gottesdienste in diesem Sommer abwechselnd in der Wallonischen und Niederländischen Kirche abzuhalten. Hierbei sollen Herr Pfarrer Nessler in unserer und Herr Pfarrer Wessel in der Niederländischen Gemeinde predigen. Wird genehmigt.
Am Dienstag, den 28. Mai findet die Feier der 100jährigen Wiederkehr der Hanauer Union statt, bei der Herr Pfarrer Nessler mit Abordnung der Gemeinde teilnimmt. Im Gottesdienst am 26. Mai wird dieser Gedenktag gebührend berücksichtigt.
Am 19. Juni 1918:
Herr Pfarrer Nessler regt an, daß nach und nach sämtliche Mitglieder des Kleinen Konsistoriums unter seiner Leitung Kenntnis vom Inhalt der Kirchenakten nehmen. Der Vorschlag wird mit Dank angenommen.
11. November 1918: Waffenstillstand und Kriegsende
Am 27. November 1918:
Das Ersuchen eines Damen-Komitees um Überlassung der Niederländischen Kirche zu Zwecken der Aufklärung über das Frauenwahlrecht hat nicht die Billigung der Kirchbauverwaltung und des Niederländischen Kleinen Konsistoriums gefunden.
Am 3. Dezember 1918:
Die Kirchbauverwaltung lehnt ein Gesuch um Überlassung der Kirche für eine Frauenversammlung mit politischem Zwecke ab.
Es wird Kenntnis genommen von einem Antrag des General-Kom. des 18. A. K. betreffs teilweiser Vermietung des Wallonischen Kirchenraumes zur Lagerung von Wäsche.
Am 15. Dezember 1918:
Herr Dr. Holm legt den Entwurf eines an alle erwachsenen Gemeindemitglieder zu richtenden Briefes vor, in welchem, mit Rücksicht auf den Ernst der Zeit und die wahrscheinliche Trennung von Kirche und Staat, zu einem regeren Kirchenbesuch aufgefordert wird. Der Grund ist die Befürchtung des Antragstellers, daß die derzeitige Regierung durch den schlechten Kirchenbesuch veranlaßt werden könnte, die Existenz unserer Gemeinden zu bedrohen und damit auch in unser Kirchenvermögen einzugreifen.
Am 8. Januar 1919:
Pfarrer Nessler will in seiner Predigt am Sonntag, den 12.1. auf die bevorstehende Trennung von Staat und Kirche hinweisen, mit Rückblicken auf die historische Entwicklung und unter Hinweis auf die Wichtigkeit der religiösen Erziehung der christlichen Jugend. Dem wird zugestimmt, jedoch betont, daß dabei von einer direkten politischen Stellungnahme abzusehen ist mit Rücksicht auf die verschiedenen Anschauungen der Gemeindemitglieder.
Am 5. Februar 1919:
Verschiedene Beschwerden aus der Gemeinde über den mangelhaften Gemeinde- und Chorgesang werden mit dem Kantor besprochen.
Die Niederländische Gemeinde hat die Absicht, den weiblichen, erwachsenen Angehörigen das aktive und passive Wahlrecht zu geben. Es ist Stimmung im Kleinen Konsistorium, im nächsten Jahr das Frauenwahlrecht einzuführen, doch soll eine gemeinschaftliche Sitzung zuvor stattfinden.
ln der Sitzung des Großen Konsistoriums vom 12.2.1919 wird das Frauenwahlrecht einstimmig abgelehnt.
Am 5. März 1919:
Das „Rote Kreuz“ dankt für die während des Krieges zugewiesenen Kollekteneingänge und spricht seinen Verzicht hierauf aus, da das „Rote Kreuz“ sein Bestehen einstellt. Alle Kollekteneingänge werden wieder unserem Klingelbeutel einverleibt.
Historische Ansichten der Wallonischen Kirche
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Mancher Schatz muss lange verborgen liegen, bis man ihn findet. Ein besonderer Schatz sind Dokumente der Wallonisch-Niederländischen Kirche jener Zeiten, die durch die Bombardierung der Kirche und damit auch des Kirchen- und Gemeindearchivs 1945 zerstört wurden. In jener Nacht sind sämtliche Niederschriften und Erinnerungsstücke verloren gegangen, die nicht ausgelagert waren.
Beim Auflösen eines Nachlasses tauchten nun sämtliche Gemeindeblätter auf ab der ersten Ausgabe 1934, die bisher nicht vollständig archiviert werden konnten. Das Gemeindeblatt wurde wegen Geldmangels schließlich 1941 wieder eingestellt. Da es sich bei diesem Zeitraum um die Zeit des Nazi-Regimes handelt, geben die einzelnen Blätter einen guten Einblick in die damalige Gemeindesituation. Interessant zu lesen sind die Werbeanzeigen von Unternehmen und Ladenbesitzern der Wallonisch-Niederländischen Gemeinde, auf deren Beachtung besonders hingewiesen wird. Aus Textpassagen und Grüßen kann man sehen, dass dieses Druckerzeugnis auch als Verbindung zu den Soldaten an der Front genutzt wurde.
Bereits vier Monate nach der Zerstörung beginnt mit der Nr. 1 vom Juli 1945 die bis heute ununterbrochene zweite Ära des Gemeindeblatts. Zunächst ziert das Titelblatt noch die intakte Doppelkirche, von 1950 an dann für 10 Jahre das Gemeindewappen und ab 1960 schließlich bis heute eine Zeichnung der Kirchenruine.
In der Ausgabe 10 (1950) ist folgendes Gedicht von Sophie Fleischhauer über das Gemeindewappen abgedruckt:
Der Palmbaum
Aus ferner Zeit und Zone,
in Heimatholz geprägt,
du Bild, dess‘ Stamm und Krone
so Last wie Früchte trägt.
Gestählt in Sturm und Gluten
steigt auf dein stolzer Schaft,
tief aus geheimen Fluten
saugt deine Wurzel Kraft.
Kein Blatt ist, das im Winde
der Zeit klanglos verweht –
in narbenreicher Rinde
sein Angedenken steht.
Von Ahn zu Enkel kündet
der Baum die frohe Mär:
wer fest in Gott gegründet
den Weg zum Lichte findet,
der welket nimmermehr.
Wenn Sie in alten Unterlagen oder beim Stöbern auf dem Dachboden alte Fotos oder Dokumente finden, die mit der Wallonisch-Niederländischen Kirche im Zusammenhang stehen, wäre das Konsistorium sehr verbunden, diese anzuschauen und ggf. Kopien für das Archiv davon anzufertigen, um sie für die kommenden Generationen zu bewahren.
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Seit Juni 2010 besitzt die Gemeinde ein wertvolles Geschenk der „Commission pour les affaires des Eglises Wallonnes“ [Kommission für die Angelegenheiten der Wallonischen Kirchen], Utrecht. Pastor Michel Badry, Delft, übersandte Pfarrer Telder eine französisch-reformierte Bibelausgabe des Jahres 1727, wie sie vielleicht [damals] von den Wallonen zu Hanau gelesen wurde.
Nach dem abgebildeten Titelblatt handelt es sich um die Heilige Bibel, die das Alte und Neue Testament enthält, überprüft an den hebräischen und griechischen [Ur-]Texten. Im Vorspann werden die kanonischen Bücher beider Testamente namentlich und einschließlich ihrer Kapitel genannt. Nach reformierter Tradition bei Gesamtbibeln folgen die Apokryphen – allerdings ohne eigenes Titelblatt, das dem Neuen Testament vorbehalten bleibt.
Der Gesamtumfang dieser Quartbibel (24,5 x 23 x 8 cm) von 1520 Seiten resultiert aus einem weiteren Hauptteil mit separatem Titelblatt, das zwei wichtige Hinweise enthält. Die Textfassung wurde gebilligt von der Wallonischen Synode der Vereinigten Provinzen [der Niederlande] und der Druck erschien in neuer Auflage. Die 152 Kirchenlieder beginnen mit dem hugenottischen Gesangbuch, den bereimten und mit Noten versehenen 150 Psalmen des Alten Testaments. Der hartnäckige Widerstand hugenottischer Theologen gegenüber dem neuen geistlichen Liedgut, wie es die lutherische „Konkurrenz“ so verführerisch besaß, zeigt sich in nur zwei, obendrein textgebundenen Ergänzungen: den Zehn Geboten und dem Lobgesang des Simeon.
Der Anhang beginnt mit einem Katechismus in Dialogform zwischen dem fragenden Pfarrer und dem antwortenden Kind.
Die zwei Glaubensbekenntnisse berücksichtigen die kirchenrechtliche Lage im Refuge: dasjenige der reformierten Kirchen in den Niederlanden von 1566, bestätigt durch die Nationalsynode von Dordrecht 1619 und das jener Franzosen [von 1555], die wünschten, entsprechend der Reinheit des Evangeliums unseres Herrn Jesus Christus zu leben“. Diese „Confessions“ werden ergänzt durch einen Spezialartikel der französischen Nationalsynode zu Vitré von 1583: Das wurde die dogmatische Einheit („Union doctrine“) beider Bekennt-nisse in letzter Instanz und dadurch verbindlich anerkannt. Überraschend steht am Schluss des stattlichen Bandes ein Dankgebet nach dem Herrenmahl („communion“). Nicht zuletzt die Anordnung der verschiedenen Gruppen weist auf die eigentliche Verwendung des dritten Hauptteiles hin.
Er ist nicht nur in Amsterdam bei einem anderen Buchdrucker und Verleger, sondern erst 1729 erschienen. Wie in zahlreichen Fällen, wurde auch diese Gesamtbibel (samt Apokryphen) mit einem zuerst separat erschienenen Gesangbuch (samt Kirchengebeten, Katechismus und Glaubensbekenntnissen) später zusammengebunden. Die Ganzlederbibel liegt uns nicht in ihrer ursprünglichen Gestalt vor. Einige ausgebesserte, z. T. ergänzte Seiten weisen auf die Neubindung hin – vermutlich im 19. Jahrhundert.
Heute ziert diese wertvolle historische Ausgabe den Abendmahlstisch der Kirche. Wegen ihrer nur mittleren Größe und wegen zahlreicher Benutzungshinweise für Laien dürfte es sich bei den Amsterdamer Drucken von 1727 und 1729 ursprünglich um eine Familien-Bibel gehandelt haben.
Walter Mogk
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Wir freuen uns sehr, Ihnen heute das Angebot unserer neu gegründeten Familienakademie vorstellen zu dürfen:
Über 25 Jahre lang wurde die Ruine der Wallonischen-Kirche durch die Kathinka-Platzhoff-Stiftung als Begegnungsstätte für Jung und Alt unter der Bezeichnung „Diakoniezentrum“ betrieben. Wie Sie sicherlich in den letzten Wochen bemerkt haben, werden neben den vielen beliebten Ausflügen und Angeboten für Senioren nun auch verstärkt Seminare und Workshops für Kinder, Familien und pädagogische Fachkräfte im Haus angeboten.
Warum hat sich die Kathinka-Platzhoff-Stiftung entschieden, eine Familienakademie zu gründen? Wir sehen den Ausbau unserer bisherigen Familienangebote und Weiterbildungen für Fachkräfte aus dem Bildungsbereich als unsere vorrangige Aufgabe an, die bereits in unserer Stiftungssatzung festgeschrieben ist. Die frühe Kindheit ist eine besondere Entwicklungsphase, in der Grundfertigkeiten und Werte entstehen, die im späteren Leben eine gewichtige Rolle spielen. Von daher war die Weiterentwicklung des bisherigen Angebots eine logische Konsequenz unserer erfolgreichen Arbeit in den letzten Jahren.
Mit ihrer großen Angebotsvielfalt bietet die Familienakademie ein abwechslungsreiches Bildungsprogramm für alle Generationen, die sich mit dem Thema „ Familie“ beschäftigen - ob Eltern, ob Großeltern, ob Kinder oder pädagogische Fachkräfte aus der Sozialen Arbeit, die täglich mit Familien arbeiten. Hierzu gehören u.a. Weiterbildungsveranstaltungen für pädagogische Fachkräfte (z.B. aus Kindertageseinrichtungen, Tagespflegeeltern, Fachkräfte in Grundschulen), Bildungsangebote für Senioren, Vortragsabende zum Thema „Familie und Erziehung“ für interessierte Eltern und spannende Spiel- und Lernevents für Kinder. Neben den vielen neuen Angeboten finden natürlich die Veranstaltungen (z.B. Angebote für Senioren) in Zusammenarbeit mit der Wallonisch-Niederländischen Gemeinde weiterhin statt und werden Stück für Stück weiter ausgebaut.
Wir wollen mit der Familienakademie eine Bildungsstätte für alle Generationen sein, die mit hochwertigen Angeboten und Innovationen die Menschen zum Entdecken ihrer eigenen Potentiale und Fähigkeiten anregt.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen unseres Programms, das bereits im Internet und in den nächsten Tagen auch als Printversion zu erhalten ist. Tragen Sie dazu bei, dass die Familienakademie ein Ort der Bildung, der Begegnung und der Entdeckung wird!
Weitere Information zu den Angeboten der Familienakademie erhalten sie bei der Leitung der Familienakademie, Frau Stephanie Kämmerer, sowie im Internet unter: www.kp-stiftung.de.
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